In der Somatic Experiencing Traumatherapie wird davon ausgegangen, dass traumatische und belastende Erfahrungen als Anspannung in unserem Nervensystem „abgespeichert“ sind und in Folge zu psychischen und/oder physischen Symptomen führen können. Festgefahrene Verhaltensmuster, unbewusste Vermeidungsstrategien oder bestimmte Stimmungslagen können aus früheren Überwältigungserfahrungen oder einem Erleben von Beschämung, Gleichgültigkeit oder Kontaktverlusten resultieren.
Dabei ist Somatic Experiencing Traumatherapie eine sanfte Therapieform. Wir tauchen nicht in das belastende Ereignis ein, sondern bleiben beim Spürgewahrsein im Hier und Jetzt. In sicherer und geschützter Umgebung gibt der Körper nach und nach die angespannte Ladung frei. Dies geschieht in kleinen Schritten und mit jedem Schritt wächst die Fähigkeit und die Bereitschaft des Organismus intensivere Gefühlszustände zu halten und zu integrieren. SE lädt uns ein, das Vertrauen in die Weisheit und Selbstregulationskräfte unseres Körpers wieder zu erlangen, unseren Platz im Leben einzunehmen und auszufüllen, in aller Unschuld und Freiheit, die uns geschenkt wurden.
Aus einer Infobroschüre des Somatic Experiencing Deutschland e.V.:
Was ist ein Trauma?
Ein Trauma ist jedes Ereignis, das unsere Schutzhülle verletzt und uns mit einem Gefühl der Überwältigung und Hilflosigkeit zurücklässt. Traumatisierende Erlebnisse haben vielerlei Gestalt: Verkehrsunfälle, Stürze, Operationen, zahnmedizinische Behandlungen, schwere Krankheiten, Verletzungen oder der Verlust eines nahen Menschen gehören genauso dazu wir Gewalt, Krieg, Naturkatastrophen oder Missbrauch.
Grundsätzlich stehen uns in solchen Situationen drei angeborene Überlebensstrategien zur Verfügung: Flucht, Kampf oder Todstellreflex (Erstarrung). Gelingt uns Kampf oder Flucht, stellt sich im Organismus meist das natürliche Gleichgewicht wieder ein. Können die ersten beiden Optionen allerdings nicht erfolgreich ausgeführt werden, greift der Todstellreflex. Die zuvor bereit gestellten Energien bleiben im Nervensystem gefangen und werden nicht entladen. Diese im Nervensystem gebundene Energie nennen wir Trauma.
Somit definiert SE Traumata als die biologisch unvollständige Antwort des Körpers auf eine als lebensbedrohlich erfahrene Situation. Im Unterschied zu anderen Trauma-Behandlungs-Methoden arbeitet SE weniger mit dem Ereignis als Ursache des Traumas, sondern vielmehr mit der Reaktion des Körpers auf dieses Ereignis.
Welche Folgen hat ein Trauma?
Wenn diese Energien nicht gelöst sind, reagiert der Organismus, als würde die Bedrohung weiterhin bestehen. Die in der Gegenwart zu beobachtenden Verhaltensmuster, Reaktionsweisen, Überzeugungen Gefühle und Gedanken der Person sind oft noch mit den erschreckenden Erfahrungen der Vergangenheit gekoppelt. Für die Betroffenen entstehen verwirrende, beängstigende psychische und somatische Symptome, wie beispielsweise Übererregbarkeit, Ängste, Panik, Depressionen, Schlaflosigkeit, Bindungsunfähigkeit oder chronische Schmerzen.
Wie funktioniert SE?
Mit SE wird das traumatische Ereignis körperlich und geistig neu verhandelt.Dabei ist nicht das Ereignis selbst entscheidend, sondern vielmehr die Reaktionsweise des Nervensystems, d.h. wie die physiologischen Regulationskräfte mit der Bedrohung fertig geworden sind. Mit SE ist es möglich, ohne Inhalt oder Erinnerung zu arbeiten, wenn das Ereignis zu belastend erscheint. Eine mögliche Retraumatisierung bei der Aufarbeitung wird vermieden, indem die im Nervensystem gebundene Energie schrittweise zur Entladung kommt.
Wesentliche Elemente im Heilungsprozess sind:
Ressourcenbildung, Erdung, Zentrierung, und das Nachspüren der Körperempfindungen, der Verhaltensweisen, Gefühle, Gedanken, der Bilder und Bewegungen.
Zuerst werden mit den Klienten jene Ressourcen entwickelt, die während der ursprünglichen Situation fehlten oder unzureichend waren. Auf dieser gestärkten Basis erfolgt dann die Annäherung an das Trauma. Im Pendeln zwischen den Ressourcen und der für das Nervensystem überwältigenden Erfahrung wird die gebundene Überlebensenergie gelöst. Die Veränderung erfolgt bewusst in kleinen Schritten, damit das System sie auch wirklich integrieren kann. So kann der Körper die Reaktion auf die Bedrohung auf natürliche Weise zum Abschluss bringen und damit die mobilisierte Energie entladen. Auf diese Weise findet das Nervensystem wieder zu seiner ursprünglichen Selbstregulierungsfähigkeit zurück, die Symptome können sich lösen.